Cid, El

Cid, El
Cid, El
 
[- tsiːt, siːt, spanisch θiȓ, von arabisch sayyid »Herr«], Ehrenname des spanischen Heerführers und Nationalhelden Rodrigo (Ruy) Díaz de Vivar ['diaȓ ȓe βi'βar], * Vivar (bei Burgos) um 1043, ✝ Valencia 10. 7. 1099. Der Sohn eines kastilischen Adligen diente König Sancho II., mit dem er am Hof erzogen worden war, in zahlreichen Schlachten und erhielt wegen seiner Erfolge den Beinamen el Campeadọr (»Schlachtensieger«). Nach Sanchos Ermordung (1072) wurde er Gefolgsmann von dessen Bruder, König Alfons VI. von León und (nach 1072) von Kastilien. Der König gab dem C. seine Verwandte Jimena Díaz zur Frau, verbannte ihn aber 1081, als er zu mächtig zu werden drohte. Der Verbannte diente dem Maurenfürsten von Saragossa, den er auch gegen christliche Angriffe verteidigte, nicht aber gegen Alfons VI., dem er sich weiterhin zur Lehnstreue verpflichtet fühlte. In diesen Kämpfen erwarb er sich seinen Ruhm und seinen Ehrennamen. Nach der vorübergehenden Aussöhnung 1086 verlieh ihm Alfons VI. 1087 alle Gebiete, die er im Osten Spaniens erobern würde. 1094 eroberte der C. Valencia und verteidigte es gegen die Almoraviden. Nach seinem Tod konnte seine Witwe die Stadt bis 1102 halten. Der C. wurde zur legendären Symbolgestalt der spanischen Reconquista, zur Verkörperung der Ideale des Ritters und Lehnsmannes.
 
Literarische Behandlung:
 
Die historische Gestalt des C. wurde in engem Anschluss an die geschichtlichen Ereignisse Gegenstand einer lateinischen Erzählung, der »Historia Roderici« (erste Hälfte des 12. Jahrhunderts), und des bedeutenden volkssprachlichen Epos »Poema del Cid« (auch »Cantar de mío Cid«, fast vollständig erhalten). Das Werk wurde (nach R. Menéndez Pidal) um 1140 von einem Spielmann (»juglar«) in der Provinz Soria verfasst; neuere Arbeiten datieren es allerdings erst auf 1200 oder später. Das in einer Handschrift von 1307 überlieferte Werk wurde 1779 erstmals ediert, deutsch erschien es 1850 unter dem Titel »Das Gedicht vom Cid«. Das Epos besteht aus unregelmäßigen, durch Assonanz verbundenen Versen, die zu verschieden langen Laissen zusammengefasst sind. In seinen drei Gesängen (insgesamt 3 730 Verse erhalten) stilisiert es den historischen C. zum mustergültigen, nur auf seine Ehre und Vasallentreue bedachten Lehnsmann und zur Inkarnation des Geistes der christlichen Reconquista. Um dieser Stilisierung willen, die den C. bis ins 20. Jahrhundert zur nationalen Identitätsfigur werden ließ, fügte der Verfasser dem historischen Stoff fiktive Elemente hinzu. Diese überwucherten im 14. Jahrhundert den historischen Stoff. An seine Stelle trat die romanhafte Jugendgeschichte des C. (»Cantar de Rodrigo o mocedades del Cid«, erste Hälfte des 14. Jahrhunderts, herausgegeben 1846). Daneben entstand ein Romanzenzyklus über die Gestalt. Die Jugendgeschichte liegt neueren Epen zugrunde, ebenso dem Drama von G. de Castro y Bellvis »Las mocedades del Cid« (1618; deutsch »Der Cid«) und P. Corneilles Tragikomödie »Le Cid« (1637, deutsch »Der Cid«), dem Drama »El honrador de su padre« (1658) von J. B. Diamante sowie der Oper von J. Massenet (»Le Cid«, 1885). J. G. Herders Romanzenzyklus »Der Cid« (1805) zieht Jugend- und Mannestaten des Helden zu einer Einheit zusammen. In der spanischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts wurden zahlreiche Versuche gemacht, den Stoff zu erneuern (J. Zorrilla y Moral, »La leyenda del Cid«, 1882; E. Marquina, »Las hijas del Cid«, 1908). Es fehlte aber auch nicht an negativen Wertungen des C. als Inkarnation eines überholten Heldenkultes und nationalistischer Beschränkung.
 
Ausgaben: Cantar de Mío C.; texto, gramática y vocabolario, herausgegeben von R. Menéndez Pidal, 3 Bände (31954-56); El cantar de mío C., spanisch und deutsche Übersetzung, herausgegeben von H.-J. Neuschäfer (1964); Poema de mío C., herausgegeben von C. Smith (1972).
 
 
R. Menéndez Pidal: Das Spanien des C., 2 Bde. a. d. Span., 1936-37);
 W. Kienast: Zur Gesch. des C., in: Dt. Archiv für Gesch. des MA., Jg. 3 (1939);
 
»Mío C.« studies, hg. v. B. D. Deyermond (London 1977);
 Colin Smith: The making of the Poema de Mío C. (Cambridge 1983).

Universal-Lexikon. 2012.

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